Weinberg
Schrittweise zum Biodiversitäts-Weinberg
Vielfältige Biodiversitäts-Maßnahmen sind erforderlich, um sowohl die Artenvielfalt als auch die Strukturvielfalt in der Kulturlandschaft weiter zu fördern. Jede Maßnahme kann dabei einzeln umgesetzt werden, so dass die Winzerinnen und Winzer Gestaltungsfreiheit haben.
Mit jedem Betrieb wird somit eine individuelle Maßnahmenplanung gemeinsam erstellt, die schrittweise umgesetzt werden kann. Die Maßnahmen gliedern sich in die Bereiche „Weinberg“, „Landschaft“ und „Betriebsstätte“. Zu jedem einzelnen Bereich gibt es verschiedenen Möglichkeiten, Biodiversität umzusetzen.
Hier erhalten Sie Denkanstöße, wie Sie einzelne Maßnahmen umsetzen können:
Für mehr Informationen zu den einzelnen Weinberg-Elementen, einfach auf den entsprechenden Punkt in der Legende klicken.
LEGENDE | |||
---|---|---|---|
BLÜHMISCHUNGEN | STRUKTURELEMENTE | PFLEGEMASSNAHMEN | |
Rebe | Gassenbegrünung | Hecke | Begrünung: mähen, mulchen, walzen |
Brachfläche | Unterstockbegrünung | Aushebung für Bodeninsekten | |
Grün-/Zwickelfläche | Saumbegrünung | Baum | |
Infotafel | Brachflächenbegrünung | Steinhaufen | |
Nisthilfe für Insekten | |||
Seltene Arten | |||
Totholz aufrecht | |||
Totholz liegend |
Weinberg
Gassenbegrünung
Für die Gassenbegrünung werden verschiedene artenreiche Blühmischungen entwickelt, die an die spezifischen Standortbedingungen der Rebgassen in den unterschiedlichen Weinbauregionen angepasst sind. Gegenwärtig werden diese Blühmischungen auf Beispielflächen der Modellbetriebe erprobt. Der exemplarische Aufsaatplan zeigt, wie die Versuche gestaltet sind.
Gassenbegrünung
Mehrjährige Blühmischungen
Die Blühmischungen für eine mehrjährige Begrünung bestehen zum einen aus Kräutern und Gräsern, die unterschiedliche Umweltbedingungen tolerieren und daher in vielen Weinbergen gedeihen können (Basisarten). Diese Basisarten werden in den unterschiedlichen Blühmischungen durch eine Auswahl weiterer Pflanzenarten ergänzt: Wahlweise mit Arten, die besonders gut an trockene, nährstoffarme oder besonders gut an feuchtere, nährstoffreiche Standorte oder besonders gut an eine erhöhte mechanische Belastbarkeit angepasst sind. Um den regionalen Bodeneigenschaften Rechnung zu tragen, gibt es jede Blühmischung auch noch in einer Variante mit kalkliebenden Arten. Die Blühmischungen werden als Herbst- und als Frühjahrsaufsaat erprobt. Die Aufsaat der Blühmischungen im Herbst wird in Kombination mit einer Winterbegrünung durchgeführt, die Aufsaat im Frühjahr erfolgt nach Einarbeitung einer vorangegangenen Winterbegrünung.
Gassenbegrünung
Kurzfristige Blühmischungen
Diese Blühmischungsvariante eignet sich insbesondere für Trockenstandorte, auf denen eine mehrjährige Dauerbegrünung nicht realisierbar bzw. gewünscht ist. Die Mischung besteht aus Arten, die bereits wenige Monate nach Aufsaat blühen und bis zum Sommer ihren Lebenszyklus abgeschlossen haben. Dadurch ist die Konkurrenz zur Rebe gering und eine Begrünungspflege nicht notwendig. Für diese Blühmischungsvariante empfehlen wir ausschließlich eine Aufsaat im Herbst in Kombination mit einer Winterbegrünung.
Unterstockbegrünung
Der Unterstockbereich (auch Zwischenstockbereich) macht bei herkömmlichen Zeilenbreiten etwa ein Drittel der gesamten Weinbergfläche aus. Daher hat dieser Bereich ein großes Potenzial für biodiversitätsfördernde Maßnahmen. Prinzipiell können sowohl offene als auch begrünte Abschnitte im Unterstockbereich von Bedeutung für viele Pflanzen und Tiere sein. Idealerweise ergänzen sich Fahrgassen und Unterstockbereich in ihrem Strukturangebot an offener und begrünter Fläche.
Unterstockbegrünung
Wenn alle Fahrgassen begrünt sind, kann ein offen gehaltener Unterstockbereich z.B. von futtersuchenden Vögeln, freijagenden Spinnen und bodennistenden Wildbienen genutzt werden. Wichtig hierbei ist, dass die Offenhaltung nicht durch zu intensive mechanische Störung der Bodenstruktur oder durch tierschädigende Herbizide erfolgt. Auch für Weinberg-Geophyten können offene Bereiche mit geringer Bodenbearbeitung förderlich sein.
Bei offen gehaltenen Fahrgassen stellt die Begrünung des Unterstockbereichs mit geeigneten Wild-Pflanzen (niedrig wachsende Leguminosen, Tockenrasen-Gräser, standortübliche niedrige Kräuter wie z.B. Kleines Habichtskraut oder Wald-Erdbeere) eine bodenschützende und biodiversitätsfördernde Alternative zum dauerhaften Offenhalten des Unterstockbereichs dar.
Saumbegrünung
Eine weitere Blühmischung ist speziell für Säume und Wegränder entlang der Weinberge konzipiert. Hierzu zählen auch die Bereiche der Vorgewende, die nicht weinbaulich genutzt, sondern nur gelegentlich überfahren werden. Die geringere mechanische Belastung dieser Bereiche erlaubt die Etablierung von Pflanzenarten, die unter den Bedingungen der intensiveren Bewirtschaftung innerhalb der Rebgassen nur geringe bis gar keine Chancen hätten. Zusätzlich zu der Ausbringung von Blühmischungen können diese Bereiche, wenn sie nicht zum Wenden von Maschinen benötigt werden, auch dazu genutzt werden, um Heckenstrukturen oder andere Strukturelemente (vorzugweise in Kombination) zu etablieren.
Grün-/Zwickelfläche
Zwickelflächen sind Teilflächen von spitz zulaufenden Rebflächen. Die Rebzeilen sind hier wesentlich verkürzt und die Bewirtschaftung zum Teil sogar unwirtschaftlich. Durch Entnahme dieser Kurzzeilen kann zusätzlicher Raum für Biodiversitätsmaßnahmen geschaffen werden (z.B. Insekten-Nisthilfen, Strauch oder Solitärbaum, Totholz, Lesesteinhaufen, einzeln oder in Kombination). Solche an Weggabelungen gelegene Flächen eignen sich zudem hervorragend als Standorte für Informationstafeln, die den Einsatz des Betriebes für die Artenvielfalt stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.
Trockenmauern
Je nach Länge und Ausrichtung stellen sie wertvolle lineare Strukturelemente der Weinkulturlandschaft dar, die Lebensraum und Rückzugsmöglichkeiten für viele wärmeliebende, z.T. aber auch für Schatten und Feuchtigkeit benötigende Tier- und Pflanzenarten bieten. Zu den geförderten Tieren zählen zum Beispiel Eidechsen, Schlangen, Kröten, Spitzmäuse und Mauswiesel, Spinnen, Käfer und seltene Gehäuseschnecken sowie Farn- und Fetthennengesellschaften.
Brachflächen-
begrünung
Aufgrund der geringeren Befahrungsintensität (im Vergleich zu den Rebgassen) können auf Brachflächen andere Blühmischungen eingesetzt werden, z.B. mit sensibleren oder selteneren Arten, die sich unter der Befahrungsintensität der Rebgassen nicht etablieren würden. Auch kann ein stärkerer Fokus auf die Pflege des Pflanzenbestandes gelegt werden. So ist es möglich, den Pflegeschnitt der Blühmischungen zeitlich zu staffeln, um temporär für Insekten nutzbare Strukturen zu schaffen. Zudem kann man einzelne Bereiche auf natürliche Weise abblühen lassen und als „Altgrasbereiche“ über den Winter stehen lassen. Das tote Pflanzenmaterial kann dann in Form von trockenen Blättern, Stängeln und Blütenständen Nistgelegenheit, Nahrung und Überwinterungsmöglichkeit für viele Insektenarten und andere Kleintiere bieten.
Brachflächen-
begrünung
Dauerhafte Brache
Auf einer dauerhaften Brache können neben Blühmischungen insbesondere Maßnahmen durchgeführt und Strukturelemente eingesetzt werden, die für eine längere Zeit bestehen bleiben. Hierzu zählen z.B. die Schaffung von Hecken- und Gehölzstrukturen, das Pflanzen von Solitärbäumen und die Anlage und Ausbringung von Nisthilfen und Rückzugsbereichen für Kleintiere, wie z.B. Insekten-Nisthilfen, Lebenstürme, Totholz, Aushebungen und Lesesteinhaufen.
Brachflächen-
begrünung
Kurzfristige Brache
Kurzfristig bestehende Brachen mit bevorstehender Neuanlage einer Rebfläche eignen sich z.B. für Begrünungen mit mehrjährigen Blühmischungen, die auf ein bestimmtes Nährstoffmanagement abzielen (zehrende oder anreichernde Mischungen) und den Humusaufbau fördern. Durch eine extensive und zeitlich gestaffelte Pflege können die kurzfristigen Brachen ein reiches Angebot an Blüten und Strukturen für Insekten und andere Kleintiere bieten.
Nist-, Brut- und Unterschlupforte
Zahlreiche Tierarten finden immer schwieriger Quartiere, wo sie ihre Brut und Jungtiere aufziehen oder für bestimmte Zeiträume Schutz finden. Durch das Bereitstellen von Nisthilfen, Sommerquartieren und Überwinterungshilfen können diese Arten gefördert werden – unter ihnen die besonders stark gefährdeten Fledermäuse und in Nischen und Höhlen brütende Vögel.
Nisthilfen für Insekten
Mittlerweile kennt sie jeder. Natürlicherweise nisten Insekten, wie z.B. viele Wildbienen, gerne in Totholz oder hohlen Baumstämmen. Da diese jedoch nicht mehr in ausreichender Anzahl vorhanden sind, bieten Nisthilfen wie die bekannten „Insektenhotels“ Abhilfe für viele auffällige und auch unscheinbare Insekten.
Landschaft
Totholz
Totholz bietet Lebensraum für zahlreiche Mikroorganismen und Pilze und stellt eine gute Ergänzung zu den künstlichen Nisthilfen für Insekten dar. Viele Insekten und ihre Larven leben unter der Borke abgestorbener Bäume oder in Spalten und Bohrlöchern im Holz. Die Insekten bieten wiederum eine Nahrungsgrundlage für Reptilien und viele Vögel.
Einzelbäume und Hecken
Einzelbäume und Hecken erhöhen die strukturelle Vielfalt und fördern das Vorkommen vieler Vogelarten und Fledermäuse. Heckenstrukturen können beispielsweise auf besonders breiten Vorgewenden und am Übergang von der Rebfläche zu Brachen etabliert werden. Bei den Gehölzpflanzungen kann es vorteilhaft sein, auf Arten zu verzichten, deren Früchte die Populationsentwicklung der Kirschessigfliege fördern. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Gehölze keinen Schatten auf die Rebpflanzen werfen und nicht den Abfluss von Kaltluft hemmen.
Aushebung
Bei der Aushebung handelt es sich um eine Maßnahme, um Bodeninsekten zu fördern. Zahlreiche Insektenarten nisten im Boden, gewöhnliche Weinbergböden sind für sie aber häufig zu stark verdichtet, lehmig oder steinig. Diese Insekten finden aber geeignete Neststandorte, wenn man den Oberboden punktuell ca. 50 cm tief abträgt und mit ungewaschenem, leicht tonhaltigen Sand verfüllt. Dieser muss locker genug zur Besiedlung durch Insekten sein, aber formfest genug, damit sie Gänge und Nester anlegen können.
Brachflächen
zur integrativen
Biodiversitäts-
förderung
Brachflächen eignen sich aufgrund ihrer Größe zur integrativen Biodiversitätsförderung. Dauerbrachen können entweder mit gebietsheimischen Gehölzen bepflanzt oder mit artenreichem, extensiv gepflegten Grünland begrünt werden. Zusätzlich können Strukturelemente wie z.B. Totholz, Lesesteinhaufen und Aushebungen sowie künstliche Nisthilfen für Insekten und Vögel eingebracht werden.
Brachflächen
zur integrativen
Biodiversitäts-
förderung
Auf nur kurzzeitig bestehenden Brachen können dauerhafte Strukturelemente so im Randbereich etabliert werden, dass sie bei Neuanlage von Weinbergen erhalten bleiben. Ansonsten sind vor allem temporäre Begrünungen mit extensiv zu pflegenden Blühmischungen zu empfehlen.
Betriebsstätte
Ob Aussiedlerhof oder Ortskern, jede Betriebsstätte bietet Möglichkeiten, Biodiversität zu fördern.
Die Betriebsstelle kann so auch optisch aufgewertet werden, was für die Kommunikation mit Kundinnen und Kunden
ein wichtiger Aspekt ist. Der Besuch auf dem Weingut wird so zu einem einprägsamen und ganzheitlichen Erlebnis,
das zum Wiederkommen und zu einer positiven Mund-zu-Mund-Propaganda führen kann.
Nisthilfen für Insekten
Mittlerweile kennt sie jeder. Natürlicherweise nisten Insekten, wie z.B. viele Wildbienen, gerne in Totholz oder hohlen Baumstämmen. Da diese jedoch nicht mehr in ausreichender Anzahl vorhanden sind, bieten Nisthilfen wie die bekannten „Insektenhotels“ Abhilfe für viele auffällige und auch unscheinbare Insekten.
Dach- und Fassadenbegrünung
Neben dem Schutz und der Verschönerung von Bauwerken kann die Begrünung von Dach- und Fassadenflächen Lebensraum für Pflanzen und Tiere, insbesondere Insekten, schaffen. Sie verbessern das Klima (auch im Gebäude selbst) und fungieren als natürlicher Lärmschutz. Heute kommen diese Maßnahmen unter den Begriffen Vertical Greening und Rooftop Gardening verstärkt in Mode.
Totholz
Ob abgestorbene Baumteile, Heckenschnitt oder einfach punktuell aufgestellte Bretter oder Holzlatten: Totholz eignet sich hervorragend dazu, Lebensräume zu vernetzen. Mikroorganismen fühlen sich hier ebenso wohl wie Vögel, kleine Säugetiere, Frösche oder Insekten. Je nach Größe, Alter und Lage des Totholzes können ganz unterschiedliche Organismengruppen gefördert werden.
Steinhaufen
Gerade für Eidechsen und Blindschleichen, aber auch für Kröten, Mauswiesel, Käfer, Spinnen und andere Tiere, sind Lesesteinhaufen ein hilfreicher Rückzugsort. Sie bieten Schutz, schaffen ein günstiges Mikroklima und schützen im Winter vor Feuchtigkeit und Frost. Ungenutzte Steine finden so eine sinnvolle Verwendung.
Pflanzgefäße
Dekorativ bepflanzte Töpfe und Kübel können Leben auch in versiegelte Bereiche der Betriebsstätte bringen und sowohl den Eingangsbereich als auch größere Hofflächen optisch aufwerten. Durch Verwendung von insektenfreundlichen Pflanzenarten und Bodensubstraten lassen sich vormals unbelebte Bereiche der Betriebsstätte für Pflanzen und Tiere nutzbar gestalten.
Wasserstellen und Tränken
Offenes Wasser ist Grundlage für vielfältiges Leben. Kleingewässer wie Teiche, Tümpel oder Ähnliches bieten wichtige Lebensräume für Amphibien wie Frösche und Molche, die hier laichen können, aber auch für Insekten (z.B. Libellen, Wasserkäfer etc.) und Vögel, die hier trinken und baden können. Tränken lassen sich einfach aufbauen und werden gerne von Schmetterlingen, Vögeln und Libellen besucht.
Terrassen- und Bauerngärten
Grünflächen an der Betriebsstelle bieten vielfältige Möglichkeiten zur Biodiversitätsförderung. Dies kann gebündelt in Form eines Terrassen-Gartens oder Bauerngartens geschehen. Oftmals ist die Struktur schon gegeben und muss daher nur etwas modifiziert werden, z.B. durch die Verwendung von geeigneten Pflanzenarten oder die Pflege von Trockenmauern.
Staudenbeete
Staudenbeete sind richtige Allrounder, wenn sie mit passenden Pflanzen gestaltet werden: Insekten können hier im Frühjahr und Sommer Nektar saugen und im Winter hohle Stängel zur Überwinterung nutzen. Darüber hinaus sind die Samen Futter für die Vögel. Nicht zuletzt sind sie einfach schön anzusehen und werten den Hof optisch auf.